Der rechte Glaube – Russlands Orthodoxe Kirche

Mit dem Untergang des Byzanthinischen Reiches wurde Russland zum weltweit wichtigsten Zentrum der Orthodoxie. Die Russische Orthodoxe Kirche sieht sich als Bewahrerin der ursprünglichen, ungeteilten christlichen Kirche.

          

Orthodoxe Christen glauben wie Katholiken und Protestanten an die Heilige Dreifaltigkeit (Gott Vater, Gott Sohn und Heiliger Geist). Außer der Bibel, Fundament des Glaubens, spielt auch die kirchliche Überlieferung eine wichtige Rolle in der orthodoxen Theologie.

Massentaufe im Dnjepr


lns Zeitpunkt der Christianisierung Russlands gilt das Jahr 988, als Großfürst Wladimir von Kiew sich und seine Untertanen im Dnjepr taufen ließ. Das Christentum verbreitete sich anschließend unter vielen Völkern des späteren Russischen Reiches und war bis zur Oktoberrevolution Staatsreligion. Nach einer umstrittenen Kirchenreform des Patriarchen Nikon spalteten sich im 17. Jahrhundert die Altgläubigen von der Staatskirche ab. Abgesehen von der Verfolgung der Altgläubigen-Kirche, die erst ab 1905 legal tätig werden konnte, gab es in der russischen Kirchengeschichte keine Exzesse wie Inquisition oder Hexenverbrennungen.


Während der Sowjetzeit wurde die orthodoxe Kirche in Russland unterdrückt und verfolgt. Die meisten Kirchen wurden zerstört (s.bild oben) oder zweckentfremdet, tausende Geistliche wurden ermordet. Meinungsumfragen zufolge bezeichnen sich heute zwischen 60 und 80 Prozent der Einwohner Russlands als orthodox, allerdings ist die Zahl der aktiven Kirchgänger (wie auch in Deutschland) wesentlich geringer.

Nur die Kirche überstand den Zerfall der UdSSR

Die russische Kirche ist hierarchisch organisiert. An der Spitze steht seit 1990 Alexi II., der Patriarch von Moskau und Ganz Russland, dessen offizieller Amtssitz sich im Moskauer Danilow-Kloster befindet. Der Patriarch gilt als oberste geistliche Autorität, aber nicht als unfehlbar, wie der Papst. Alle wichtigen Entscheidungen des Kirchenlebens werden von der Heiligen Synode getroffen, deren Vorsitzender der Patriarch ist.


Patriarch von Moskau und ganz Russland
              Kyrill

Das gesamte Territorium Russlands und der ehemaligen Sowjetunion ist in orthodoxe Diözesen aufgeteilt. Sie werden von Bischöfen bzw. Erzbischöfen geleitet. An der Spitze der wichtigsten Bistümer steht ein Metropolit. Seit dem Zerfall der UdSSR gibt es in einigen ehemaligen Teilrepubliken – vor allem in der Ukraine und in Estland - Bestrebungen, nach dem Vorbild der Balkanländer eine von Moskau unabhängige orthodoxe Landeskirche aufzubauen. Die anderen orthodoxen Kirchen (von Serbien, Bulgarien, Rumänien, Georgien, den Patriarchaten von Konstantinopel und Jerusalem u.a.) gelten als gleichberechtigte Schwesterkirchen, mit denen Abendmahlsgemeinschaft besteht.

Keine Kirchenorgel, keine Hosen, kein Zölibat


In den oft prächtig ausgestatteten orthodoxen Kirchen finden meist täglich Gottesdienste statt. Die Liturgie hat bei einer orthodoxen Messe eine wesentlich größere Bedeutung, als etwa in einem protestantischen Gottesdienst. In der Kirche gibt es keine Sitze und keine Kirchenorgeln. Messdiener assistieren dem Priester. Frauen sollen eine Kirche nur mit Kopftuch und Rock betreten. Dies gilt auch für Touristen. Von den Gläubigen wird aber nicht unbedingt erwartet, dass sie der gesamten Messe von Anfang bis zum Ende beiwohnen.

Wichtigstes orthodoxes Kirchenfest ist Ostern. Vor dem Fest sollen alle Rechtgläubigen 40 Tage lang auf Fleisch und Milchprodukte verzichten. Alle Kirchenfeiertage werden nach dem alten julianischen Kalender berechnet, der hinter dem sonst gebräuchlichen gregorianischen derzeit um 13 Tage herhinkt. Daher feiern russisch-orthodoxe Christen etwa Weihnachten erst in der Nacht vom 6. zum 7. Januar.

Strenge Moral fast bei allem


Die Russische Orthodoxe Kirche hält bis heute an einem strengen Moralkodex fest. Homosexualität, vorehelicher Sex und Abtreibung werden kategorisch abgelehnt. Frauen dürfen nicht Priester werden. Allerdings gibt es kein Zölibat wie in der katholischen Kirche. Lediglich Bischöfe und Metropoliten müssen ein Mönchsgelübde abgelegt haben. Von Gemeindepfarrern wird dagegen erwartet, dass sie eine eigene Familie gründen. Relativ liberal sieht die orthodoxe Kirche Fragen der Ehescheidung. Eine zweite kirchliche Trauung aus Rücksicht auf die objektiven menschlichen Schwächen möglich.

Neben den universellen christlichen Heiligen verehrt die orthodoxe Kirch auch Nationalheilige wie den Fürsten Alexander Newski, den orthodoxen Einsiedler-Mönch Seraphim von Sarow und die letzte Zarenfamilie. Nicht nur in allen Kirchen, sondern auch in vielen religiösen Familien gibt es ganze Ikonenwände. Zu den wichtigsten nationalen Heiligtümern gehören das Sergius-Dreifaltigkeitskloster in Sergijew Possad nordöstlich von Moskau, das Alexander-Newski-Kloster in St. Petersburg und das Kiewer Höhlenkloster.
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Russisch-Orthodoxe Kirche


Als Russisch-Orthodoxe Kirche (oder Russische Orthodoxe Kirche) werden zumeist die autokephale orthodoxe Kirche von Moskau und ganz Russland (Patriarchat von Moskau und ganz Russland) und die ihr nachgeordneten Kirchen bezeichnet. Sie bilden gemäß dem allen orthodoxen Kirchen gemeinsamen Glaubensbekenntnis zusammen mit den anderen orthodoxen Kirchen die Eine, Heilige, Katholische und Apostolische Kirche. Vor allem durch ihre lange eigenständige Tradition entwickelten sie einen eigenen Charakter. Der Patriarch als Oberhaupt hat seinen Sitz im Danilow-Kloster in Moskau, größter russisch-orthodoxer Kirchenbau ist die Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale.Als Russisch-Orthodoxe Kirche (oder Russische Orthodoxe Kirche) werden zumeist die autokephale orthodoxe Kirche von Moskau und ganz Russland (Patriarchat von Moskau und ganz Russland) und die ihr nachgeordneten Kirchen bezeichnet. Sie bilden gemäß dem allen orthodoxen Kirchen gemeinsamen Glaubensbekenntnis zusammen mit den anderen orthodoxen Kirchen die Eine, Heilige, Katholische und Apostolische Kirche. Vor allem durch ihre lange eigenständige Tradition entwickelten sie einen eigenen Charakter. Der Patriarch als Oberhaupt hat seinen Sitz im Danilow-Kloster in Moskau, größter russisch-orthodoxer Kirchenbau ist die Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale.

Entstehung

Entstanden ist die Russisch-Orthodoxe Kirche, als Großfürst Wladimir I., Herrscher der Kiewer Rus, 988 die Taufe empfing und seine Untertanen taufen ließ.

Die ersten Metropoliten kamen aus Griechenland und Bulgarien. Metropolitensitz war zuerst Kiew, ab 1326 auf Wunsch des Metropoliten Peter Moskau. Der letzte griechische Metropolit war Isidor von Kiew, der 1441 wegen seiner Zustimmung zur Kirchenunion vom Moskauer Großfürsten Wassili II. abgesetzt wurde. Am 15. Dezember 1448, fünf Jahre vor dem Fall des bereits zunehmend handlungsunfähigen Konstantinopel, wählte die Synode der russischen Bischöfe ohne voriges Einverständnis des Patriarchen von Konstantinopel Bischof Iona von Rjazan zum „Metropoliten von Kiew und ganz Russland“, was eine faktische Trennung von der byzantinischen Mutterkirche bedeutete. Im Januar 1589 schlug eine Moskauer Kirchensynode dem Zaren Fjodor I. drei Kandidaten für die Besetzung des neuerrichteten Patriarchats in Moskau vor. Der Zar wählte den bisherigen Moskauer Metropoliten Iov. Eine ökumenische Synode in Konstantinopel unter Beteiligung aller Patriarchen der Ostkirche bestätigte 1590 die Errichtung des neuen Patriarchats in Moskau und wies ihm – nach Jerusalem – den fünften Rang zu.

Aufgrund seiner vielen Kirchen und Klöster und seiner Bedeutung für die orthodoxe Christenheit war Kiew seit dem Mittelalter als Jerusalem des Nordens bezeichnet worden (heute hört man häufiger Jerusalem des Ostens). Ferner wird Kiew aufgrund seiner geschichtlichen Rolle als Mutter aller russischen Städte bezeichnet. Trotzdem gibt es auch heute um das Patriarchat von Kiew in der Ostkirche Streit.

Spaltung

1652 initiierte der damaligen Patriarch Nikon die erste Reform des russischen Ritus. Es wurde behauptet, der russische Ritus wäre – wegen Fehlern beim Kopieren der Kirchenbücher – abgewichen vom griechischen Urtext und Ritus. Dieser Standpunkt diente für Nikon und seine Anhänger als Rechtfertigung, Kirchenreformen durchzuführen. Diejenigen, die die Rechtmäßigkeit dieser Revisionen bestritten wurden auf dem Konzil von 1666–1667 mit dem Anathema belegt. Diese Ereignisse haben zu einem Schisma geführt und seitdem existieren die Altorthodoxen (auch Altritualisten oder Altgläubigen genannt) getrennt von der Großkirche. Gegner dieser Kirchreformen wurden verfolgt und Zehntausende wurden hingerichtet. 1971 hat die Großkirche vom Patriarchat Moskau den Fluch über den altrussischen Ritus aufgehoben.

Abschaffung des Patriarchats

Bereits 1721, 132 Jahre nach Gründung des Patriarchats, wurde der Patriarch unter dem westlich denkenden Zaren Peter dem Großen nach deutsch-lutherischem Vorbild durch einen Heiligen Synod ersetzt, der weltlicher Kontrolle unterstand. Die Folge war eine immer stärkere Verweltlichung der Kirche und ihre Verquickung mit dem russischen Establishment; als Sprecherin der Armen und Unterdrückten fiel sie damit weitgehend aus.

Wiedereinführung des Patriarchats

Nach der ersten russischen Revolution 1905 entstanden in der Kirche allmählich weitreichende Reformbestrebungen. Daraufhin wurde 1917 das Patriarchat wieder eingeführt und mit dem zuvor lange in den USA lebenden Erzbischof Tichon besetzt, der als modern und tatkräftig galt; 1918 wurde die Trennung von Kirche und Staat in Russland vollzogen. Die meisten weiteren geplanten Reformen fanden wegen der einsetzenden Verfolgung nicht mehr statt, die damaligen Pläne werden aber teilweise seit dem Ende der Sowjetunion vorsichtig wieder aufgegriffen.

Sowjetzeit

In der Sowjetunion war das Verhältnis von Kirche und Staat meist sehr gespannt, besonders in den frühen Jahren gab es massive Christenverfolgungen, unter Lenin und Stalin Massenhinrichtungen und Deportationen in die Konzentrationslager des Gulag. 1936 gab es weniger als ein Dutzend Kirchen, in denen noch regelmäßig die Liturgie gefeiert wurde („arbeitende Kirchen“). Erst seit dem Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche wieder eingeschränkt geduldet, hatte aber stets mit Unterdrückungsmaßnahmen zu rechnen. Eine Reihe von Exilgemeinden betrachtete die russische Kirche als hoffnungslos von Kommunisten durchsetzt und spaltete sich daher als Russisch-Orthodoxe Auslandskirche ab. Nach zahlreichen Versöhnungsversuchen seit dem Jahr 2003, wurde die Spaltung am 17. Mai 2007 in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale, in Gegenwart des New Yorker Metropoliten Lavr und des Patriarchen Alexius II. und im Beisein von Russlands Präsident Vladimir Putin, offiziell für beendet erklärt.

Am 27. Januar 1964 verkaufte die Sowjetunion das in Israel befindliche Eigentum der russisch-orthodoxen Kirche im Umfang von 4,5 Mio. US-Dollar an Israel.

Gegenwart

Das Landeskonzil von 1991 wählte den jetzt regierenden Patriarchen Alexius II. zum neuen Vorsteher der Russischen Orthodoxen Kirche.

Seit dem Niedergang der Sowjetunion erlebt die Russisch-Orthodoxe Kirche eine Renaissance. Heute hat sie wieder etwa 100 Millionen Mitglieder und hat mit dem Wiederaufbau und Neubau mehrerer großer Kathedralen begonnen. Hierzu gehört beispielsweise die Kaliningrader Christ-Erlöser-Kathedrale.

Eines der bekanntesten russisch-orthodoxen Klöster ist das seit 1993 unter Weltkulturerbe stehende Dreifaltigkeitskloster von Sergijew Possad.

Zur Russisch-Orthodoxen Kirche gehören als abhängige Teilkirchen die Weißrussisch-Orthodoxe Kirche, Moldauisch-Orthodoxe Kirche, die autonome Ukrainisch-Orthodoxe Kirche und die ebenfalls autonome Orthodoxe Kirche in Japan. Die Orthodoxe Kirche in Amerika wurde 1970 in die volle Unabhängigkeit entlassen.

Innerkirchlich stark umstritten war die Heiligsprechung des letzten Zaren und seiner Familie, die unter Lenin getötet worden waren. Als Kompromiss wurden sie zwar heilig gesprochen, aber nicht offiziell als Märtyrer benannt. Wladimir Putin gibt sich heute betont gläubig.

Bildung

Seit 2006 ist der Religionsunterricht in russischen Schulen wieder eingeführt. Die Russisch-Orthodoxe Kirche plädiert auch für eine Stärkung des russischen Staates und eine Entwicklung von nationalen geistigen Werten.

Die bedeutendsten Bildungseinrichtungen der russisch-orthodoxen Kirche sind die Moskauer Geistliche Akademie, die Geistliche Akademie St. Petersburg sowie die 1990 gegründete Orthodoxe Universität „Hl. Johannes der Theologe“ in Moskau.

Außerhalb von Russland

Das kulturelle Leben Wiens war einst auch von russischen Einflüssen geprägt: Es befindet sich hier die größte russisch-orthodoxe Kirche Mitteleuropas , gegründet 1702 vom ersten russischen Botschafter Fürst Gallitzin in Wien.

Die deutsche Eparchie der Kirche befindet sich heute in Berlin, in dessen Umgebung auch die meisten Gläubigen zu finden sind. Der Berliner Diözese steht Erzbischof Feofan (Galinskiy) vor. Die Berliner Diözese wurde 1992 aus den vormals drei in Deutschland bestehenden Diözesen des Moskauer Patriarchats gegründet. Die Russisch-Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats ist in Deutschland als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt. In Österreich ist sie eine „staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft“.